St. Elisabeth/Westend-Symphonie
St. Elisabeth/Westend-Symphonie
Burkhard Mohr
Kirchenoper von Burkhard Mohr 1984 in St. Elisabeth
Die einzige auswärtige Aufführung der Frankfurter Produktion meiner Kirchenoper „Der Turmbau zu Babel“ fand 1984 in St. Eli statt. Das Stück für Kinder, Erwachsene und Profi-Musiker hatte 1982 seine Uraufführung in Frankfurt-Höchst. Ab 1983 wurden dann im Einzugsbereich des Westends „Tage für neue Musik“ durchgeführt, in deren Rahmen ich ein Konzert mit Jazz auf der Orgel in einer benachbarten evangelischen Kirche spielen konnte, mein erstes Orgelkonzert in Wiesbaden. So kam auch der Kontakt zu Franz-Josef Oestemer zustande, der Kantor an St. Elisabeth war und ein Jahr später am 11. Oktober die szenische Aufführung leitete.
Bemerkenswert an meiner Konzeption war, dass neben Musizierenden auch handwerklich Begabte sich einbringen konnten in Kulissen- und Kostümgestaltung. Neben den kleineren Events in den Hinterhöfen mit ihrer spezifischen Kultur war so auch einmal eine „große Bühne“ etabliert für die BewohnerInnen und Bewohner des Westends durch ein Werk der „Neuen Musik“.
1985 bekam meine (künftige) Frau eine Stelle in Wiesbaden – und ich wurde unversehens ihr Bürger! Deshalb wünsche ich mir, dass bei Kulturtagen des Westends St. Eli einbezogen sein möge: im Bereich der Alten Musik, der Klassik – und bitte auch der neuen Musik.
Westend-Symphonie von 2019
Als 2019 das Jahr des Historismus gefeiert wurde, ging es um eine künstlerische Auseinandersetzung mit der tollen Architektur Wiesbadens und auch mit den Kunstwerken, die es in Museen, Privathäusern und eben auch an den Fassaden neu zu bewundern galt. In diesem Kontext kam ich auf die Idee, zur Stimmung des Westends heute und mit Blick auf die Historie eine Symphonie für großes Orchester zu schreiben. Sie würde im Kurhaus genau passen und den Leuten aus dem Westend einmal Gelegenheit geben, ihr Quartier mit dem Theater bzw. Kurhaus enger verbunden zu sehen. Doch durch den Lockdown schwand die Aussicht, das Stück in der großen Besetzung gespielt zu kriegen. So blieb es in der Schublade liegen. Das Westend-Projekt könnte nun ein Anlass sein, einmal zu überlegen: Wie wäre es, wenn der Stadtteil zusammenlegt und es hinkriegt, dass „seine“ Symphonie verwirklicht wird – im Rahmen eines Tages der Stadtteile im Staatstheater, wo es endlich einmal um „einheimische Produkte“ ginge!? Was mich am meisten reizen würde: Ich liebe den Klang der Harfe. Noch keins meiner großen Orchesterwerke wurde je gespielt. Und die Harfe gehört zum 19. Jahrhundert einfach dazu; sie spielt daher eine große Rolle in dieser meiner zweiten Symphonie. Wunderbar passen würde das ca. 16-minütige Stück zur Dritten Symphonie von Brahms, die 1883 in Wiesbaden vollendet wurde. Dieser Text wird ergänzt durch jeweils die ersten beiden Partitur-Seiten der drei Sätze.